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MoinMoin Flensburg 36 2018

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360° REGION FLENSBURG Seite 4 WIRTSCHAFT TRIFFT IHRE GESCHICHTE Etiketten Rumflaschen Flensburg um 1929 Fotos: Mit freundlicher Genehmigung des Schiffahrtsmuseums Flensburg Flensburg um 1783 Die ruhmreiche Vergangenheit Flensburgs ist eine rumreiche Flensburg 1844 Hansen Rum Angelburger Str., Friedr. Ebert Damm, 1950 abgerissen Johannsen Rum, Große Straße 1804 Sonnberg Rum 1935 So ging es los: Unter vollen Segeln nach Übersee Flensburg (abr) - Mitte des 18. Jahrhunderts, genauer gesagt 1755, machte sich der Handelssegler „Neptunus“ von der Förde auf den Weg in den Westindischen Ozean. Hier lagen die Jungferninseln St. Thomas, St. John und St. Croix. Das ist immer noch der Fall, aber zu dieser Zeit gehörten die exotischen Eilande der dänischen Krone. Auch das damalige Herzogtum Schleswig und somit auch die Stadt Flensburg gehörten seinerzeit zum Staat Dänemark. Der dänische König höchstselbst war Hauptaktionär einer exklusiven und lukrativen Kompagnie, die im Kolonialhandel mit den besagten Inseln sehr aktiv war. Im Jahr 1755 erlaubte Friedrich V. dann auch seinen Untertanen, sich am Westindienhandel zu beteiligen. In Flensburg zögerte man nicht lange und schickte die „Neptunus“ auf große Reise. Die Flensburger Handelsleute und Reeder lockte vor allem auf St. Croix ein süßes Ziel: Zuckerrohr! Das begehrte Handelsgut wuchs dort unter idealem Klima. Von afrikanischen Sklaven, die auf den Plantagen unter harten, unmenschlichen Bedingungen arbeiteten, wurde es zur Ernte mit der Machete gekappt. Dann musste es schnell gehen, denn Zuckerrohrsaft ist leicht verderblich. Noch am selben Tag kam es zum Pressen in die Walzen der Zuckermühle. Durch anschließendes Erhitzen entstand ein dicker Sirup, aus dem man Melasse und braunen Rohzucker gewann. Das waren sozusagen die Hauptzutaten für die nachfolgende, fast 200 Jahrhunderte andauernden Rum-Erfolgsgeschichte Flensburgs. Noch in der Karibik kamen Melasse und weitere zuckerige Ingredienzien in den Destilierkessel: Hier brannte man den von europäischen Händlern so begehrten Pure-Rum – ein sehr hochprozentiges Rum-Konzentrat, allerdings noch ziemlich ungenießbar. In Holzfässern verlud man diesen Pure-Rum auf die Schiffe und es ging Kurs Flensburger Förde. Die Reise in den Norden dauerte mehrere Monate, was dem Rum aber sehr zu Gute kam, denn durch die Reifung während der Überfahrt begann er sein besonderes Aroma zu entwickeln. Die Flensburger verarbeiteten den karibischen Pure-Rum mit Tüchtigkeit und Kennerschaft. Nach alten Familienrezepten und besonderen Prozeduren wurde er zu einer aromatischen Rum-Spezialität, für die sie noch bis ins 20. Jahrhundert den Titel „Rumstadt Flensburg“ trugen. Mit dem hervorragendem Flensburger Wasser und sorgfältig ausgewählten Branntweinzusätzen gelang es den Flensburger Rumhäusern aus „ungenießbarem Fusel“ eine erfolgreiche Marken- Spirituose zu produzieren. Boomtown Flensburg – reich und berühmt Die erste Zeit der westindischen Rumimporte nach Flensburg war noch relativ unspektakulär, heißt es in den Gesichtsbüchern. Erst gut 20 Jahre später nahm das Geschäft Fahrt auf. Aber die Flensburger Kaufleute und Reeder agierten geschäftstüchtig: Sie erkannten und nutzten das profitable Potenzial des Zucker- und Rumhandels. In den 1790ger Jahren betrugen die Einfuhren schon rund 200.000 Liter pro Jahr. Zu den größten Abnehmern des Flensburger Rums gehörte damals übrigens Norwegen. Dort stattete man Walfänger mit dem hochprozentigen Karibikprodukt aus – es machte deren schwere Arbeit sicher erträglicher… Ab 1802 hatte sich die Menge der Rumeinfuhren bereits verdoppelt, und in den 1830er Jahren betrug die jährliche Einfuhr von Rum stolze 1 Million Liter. Die Handelsflotte wuchs in dieser Phase um das Dreifache; von mehr als 30 Schiffen ist zu lesen. Hans Dethleffsen gründete die erste Flensburger Handelsniederlassung auf der Insel St. Thomas, weitere Kontore anderer Kaufleute folgten. Auch die großen Reedereien der Stadt hatten nachfolgend fast alle „Faktoreien“ in Westindien. Die Flensburger entwickelten zudem hervorragende Kenntnisse in Nautik und Schiffsbau. Der Rumrausch aus dem Westindienhandel bescherte Flensburg und der Region immensen wirtschaftlichen Aufschwung und Wohlstand. Nicht nur die Schiffe, auch die Konjunktur fuhr unter vollen Segeln. In Spitzenzeiten waren an die 40 Rumhäuser und 200 Brennereien (als Zulieferer für die Rumherstellung) in der Fördestadt ansässig. Flensburgs Rumhersteller verstanden es, ein gefragtes Qualitätsprodukt mit überaus vielfältigen Geschmacksrichtungen nach individuellen Rezepturen und Verfahren zu fertigen. Ein Know-how, das über Generationen weitergegeben und weiterentwickelt wurde. Im 17. Jahrhundert trank man Rum und Branntwein überwiegend auf Seeschiffen, in Armeen, Hafen- und Dorfkneipen. Der verfeinerte, aromatische Rum made in Flensburg fand seinen Weg aber recht bald auch in die gehobenen Kreise und Bürgerhäuser, wo man ihn heiß als Punsch oder kalt in der Bowle schätzte. Und natürlich auch im Grog. In jenen Zeiten war Flensburg im Gesamtstaat Dänemark zudem Spitzenreiter bei der Produktion des „weißen Goldes“. Als erste Zuckersiederei ging der Zuckerhof an der Norderstraße in Betrieb – heute noch erhalten und zu besichtigen als Station der Rum- & Zuckermeile. Pro Jahr wurden hier 300 Fässer karibischen Rohrzuckers raffiniert. Noch bis 1846 verarbeiteten die hiesigen Raffinerien Millionen Pfund des karibisches „Süßstoffes“ zu feinem Zucker, Puderzucker, Sirup oder Kandis. Das Zuckergeschäft florierte prächtig: Bis Mitte des 19. Jahrhunderts lagen im Herzogtum Schleswig 70 Prozent der Zuckerindustrie in Flensburger Hand. Mit dem Import vom Rum und Rohrzucker hielten in Flensburg auch andere begehrte Überseegüter Einzug: Kaffee, Tabak, Edelhölzer und Baumwolle. Es entstand ein blühender Wirtschaftszweig und damit ein einträgliches Gewerbe für Reeder, Kaufleute, Brennereien und Händler. Neben Hamburg zählte Flensburg zu einem „Marktplatz für Kolonialwaren, wie man […] einen solchen damals im Umkreise nicht fand“. Neben dem expandieren Import transportierten die Segelschiffe auch heimische Waren in die Karibik. Zu den Exportgütern aus dem hohen Norden zählten zum Beispiel gebrannte Ziegel, die in den Kolonien gefragte Baustoffe waren. Der expandierende Überseehandel sorgte auch für zunehmende Bautätigkeit. Kaufmannshäuser und Kaufmannshöfe wuchsen, das Hafengelände wurde mit Speichern und Lagerräumen bebaut. Im Jahr 1842 entstand an der Schiffbrücke ein neues Zollpackhaus. In diesem Gebäude ist jetzt das Schifffahrtsmuseum zuhause. Der bekannte Flensburger Bürger Andreas Christiansen senior, „mutigster Jungunternehmer“ des Überseehandels genannt, ließ unter anderem einen mehrgeschossigen Westindienspeicher errichten, der heute noch in Flensburg steht. Das Unternehmertum des Kolonialhandels und die nachfolgende „Rum-Epoche“ wurde durch renommierte Flensburger Namen wie Feddersen, Christiansen, Hansen, Sonnberg und Dethleffsen geprägt. Die Familien der Reeder, Kaufleute, Zuckerbarone und Rumhäuser verband nicht nur Geschäftliches, auch privat pflegte man engen Kontakt. Allein vier Töchter verheiratete Andreas Christiansen an Herren, mit denen er auch Geschäfte tätigte. Der Aufschwung der prosperierenden Jahre betraf aber nicht nur die gehobenen Stände, nahezu alle Kreise der Bevölkerung konnten von dieser Blütezeit profitieren. Viele Menschen fanden in Flensburg ihr Auskommen. Die Einwohnerzahl stieg in den Jahren 1776 bis 1803 von 6.800 auf 10.700. Aus dem Umland kamen nochmal weitere 5.000 Arbeitskräfte in die Stadt. Krisen, Kriege und der Anfang vom Ende Wer im damaligen Rum- und Zuckergeschäft tätig war, hatte auch mit Rückschlägen und Hindernissen zu kämpfen. Die Kontinentalsperre zum Beispiel, die England im napoleonischen Krieg verhängte, beeinträchtige den Überseehandel massiv. Die erste Weltwirtschaftskrise in den USA führte auch bei manchem Flensburger Unternehmen zum finanziellen Ruin. Auch der Fortschritt bremste die Flensburger aus. Ihre Zuckersiedereien waren ab Mitte des 19. Jahrhunderts nicht mehr konkurrenzfähig, denn in Kopenhagen hatte man derweil fortschrittlichere und effektivere Verarbeitungsmethoden entwickelt. Ein einschneidendes historisches Ereignis war fraglos aber das Zerbrechen des dänischen Gesamtstaates und die Loslösung der Herzogtümer Schleswig und Holstein, die ab 1864 zum Deutschen Reich gehörten. Diese Zäsur brachte den hiesigen Westindienhandel mit den dänischen Kolonien zum Erliegen. Dänemark war nun Ausland. Doch die Flensburger waren findig, sie suchten und fanden neue Märkte. Unter deutscher Flagge liefen sie nun eine andere Südseeinsel an, die für ihren hervorragenden Rum bekannt war: Jamaika! Die Rumexperten der Fördestadt schafften es, das dort gebrannte Rumkonzentrat

WIRTSCHAFT TRIFFT IHRE GESCHICHTE Seite 5 360° REGION FLENSBURG Die ansprechende Fassade vom Wein- und Rumhaus Braasch prägt das Erscheinungsbild der Roten Straße. Foto: Archiv Braasch Raum im Flensburger Schifffahrtsmuseum mit Kennerschaft, ihren be währten Rezepten und Verfahren zu einer in Deutschland und Europa gefragten Rum-Spezialität zu machen. Namen wie „Pott“, „Sonnberg Rum“ und „Hansen Präsident“ stehen bis heute für erfolgreiche Markenprodukte made in Flensburg. Bis in die 1960er Jahre gab es in Flensburg noch rund 40 Rumhäuser, die als westdeutsche Marktführer insgesamt rund 40 Millionen Flaschen Rum abfüllten. In den 1990ern Jahren waren nur noch drei der „Rum- Dynastien“ vor Ort: Der Branchenführer Dethleffsen sowie die Familienbetriebe Sonnberg und A.H. Johannsen. Als die Firma Berentzen aus dem emsländischen Haselünne 1998 schließlich den Spirituosen-Bereich von Dethleffsen übernahm und den Standort Flensburg dicht machte, war der Schlusspunkt der großen Rum-Ära Flensburg endgültig gesetzt. Ein Schluck Kulturgeschichte in heutiger Zeit Seit 1998 ist also kein Rumhaus mehr in Flensburg ansässig? In ganz Flensburg? Nein, in der Marienstraße 6 ist noch das 1878 gegründete Rumhaus Johannsen aktiv! In der historischen Marienburg produziert das Familienunternehmen in vierter Generation nach althergebrachten Verfahren und Rezepten den traditionellen Flensburger Rum-Verschnitt und „Echten Rum“. Besucher können dort bei Führungen die Geheimnisse der Flensburger Rumkultur kennenlernen, viele verschiedene Sorten des karibischen Goldes probieren und in der urgemütlichen Hökerei im Vorderhaus erwerben. Zum Sortiment gehören echter Jamaika-Rum und edler Rumverschnitt. In ihren Blends (Mischungen) verwendet Familie Johannsen auch einen ganz besonderen Pure-Rum, der seit 1965 in einem Fass lagert und noch von Senior Wolfgang Johannsen erworben wurde. Wer sich in heutigen Zeiten für Rum aus Flensburg interessiert, kommt auch um das Familienunternehmen Braasch nicht herum. Bevor er seine Liebe zum Wein entdeckte und 1976 sein Weinhaus gründete, erlernte Walter Braasch als einer der Letzten in Flensburg das Handwerk des Destillateurs. Als in Flensburg das größte noch verbliebene Rumhaus seine Türen schloss, legte er ein altes, unvergessenes Rezept aus Lehrlingstagen neu auf – den „Chef-Rum“. Zusammen mit Sohn Karsten entwickelt er seitdem immer neue Kreationen. Unter dem Siegel „Braasch Privat“ werden edle, alte Rums in Kleinstauflage abgefüllt und mit dem „Schiffer-Rum-Verschnitt“ die Tradition der historischen Marke „J. Brodersen, Flensburg, gegr. 1779“ fortgeführt. Wo Geschichte noch heute lebendig ist Das Stadtbild Flensburgs ist bis heute geprägt von der großen Rum- und Zucker- Ära; vor allem in der Altstadt und rund um den Hafen. Wer sich auf die Spuren der einstigen Rum- und Handelsstadt begeben möchte, sollte an einer Führung durch die 20 Stationen der Rum- und Zuckermeile teilnehmen. Von Geschichte und Geschichten aus der großen Zeit und des maritimen Flensburgs erzählt auch die große Ausstellung „Zucker, Rum und Sklaverei“ im Schifffahrtsmuseum. Eines der sehenswerten Highlights ist der originale Kolonialwarenladen von CC Petersen. In den Kellerräumen des ehemaligen Zollpackhauses befindet sich zudem das Rum- Museum, das die Familie Dethleffsen mit zahlreichen Exponaten aus privatem Bestand ausgestattet hat. Kern der Ausstellung ist eine moderne Multi-Media-Installation, die den Besucher mit auf die Spuren der Flensburger Kaufmannsfamilien, dem Abenteuer der Westindienfahrt, den Schrecken der Sklaverei und dem großen Reichtum des damaligen Flensburgs mitnimmt. Der Film im Rum-Museum erhielt vor vier Jahren eine namhafte internationale Auszeichnung. Die rumreiche Geschichte Flensburgs führt auch in die Rote Straße. Destillateur und Weinhändler Walter Braasch betreibt hier mit seiner Familien ein kleines Manufaktur-Museum. Zur Ausstellung in den Räumen des historischen Kaufmannhofes gehören eine alte Destillierund Abfüllanlage, Messgeräte, zahlreiche Infotafeln, eine Flaschensammlung alter Flensburger Rumsorten, historische Fotos und vieles mehr. Zur Museumsführung und anschließenden Bilder- Show gehört die Verkostung hauseigener Rumsorten. Bei Johannsen in der „Marienburg“ ist die Geschichte alten Rum-Manufakturen noch heute lebendig. Martin Johannsen pflegt die Flensburger Rumtradition in der vierten Generation. Fotos: Jens Helmbrecht Wirtschaftsporträt Nah. Näher. Nospa. – Nähe macht den Unterschied In einer Husumer Filiale verhindert ein Nospa-Mitarbeiter, dass eine ältere Kundin Opfer eines Enkeltricks wird. In Australien bekommt ein Urlauber von seinem Nospa-Berater Hilfe via Skype, weil er Probleme mit seinem Onlinebanking hat. Persönliche Nähe funktioniert auf vielen Wegen, hat aber eine gemeinsame Basis: Vertrauen. Das zeichnet die Kundenbeziehungen bei der Nord-Ostsee Sparkasse aus. Als „Finanzpartner um die Ecke“ bietet die Nospa zwischen Nord- und Ostsee alle Services, die sich ein moderner Bankkunde wünscht, vor Ort und digital. Mit über 1.000 Mitarbeitern in 19 Regionaldirektionen und 21 Filialen ist und bleibt die nördlichste Sparkasse Deutschlands fest in der Region verankert. Auch das ist Nähe: Die Nospa unterstützt jedes Jahr mit über 900.000 Euro unzählige kulturelle, soziale und sportliche Projekte. Zum Beispiel die Instandsetzung der Flensburger Barkasse Solitüde Gleichzeitig baut die Nospa ihr digitales Serviceangebot stetig aus, um Finanzgeschäfte noch komfortabler und flexibler zu gestalten. Immer darauf achtend, dass sich der Kunde auch digital ganz persönlich beraten fühlt. Die hohe Qualität, passgenaue Beratung und vertrauensvolle Zusammenarbeit führen dazu, dass die Nospa wiederholt in unabhängigen Bankentests Bestnoten erhält – zuletzt von der Zeitung DIE WELT, die sie zur besten Bank in Schleswig-Holstein in den Kategorien Firmenkunden, Private Banking und Baufinanzierung kürte. Von den Nutzern des Immobilienportals Immobilienscout24.de gab es mit 5 Sternen die Bestnote. Eben: Nah. Näher. Nospa. Die Heimat Ihrer Finanzen

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